Als ich ein kleiner Junge war, gab es in den illustrierten Zeitungen Rätsel, in denen ein Originalgemälde – etwa von Rembrandt – gezeigt wurde und daneben eine Variation. Die Aufgabe bestand darin, die vorgenommenen Fälschungen zu finden.
Merkwürdigerweise gefiel mir manchmal die Fälschung besser, und dies kam mir wieder in den Sinn, als mir klar wurde, daß der Mönch Mendel nicht durch seine Originalarbeit von 1865, sondern durch deren Übersetzung von 1905 ins Englische berühmt geworden ist. Alles, was bei Mendel noch unklar ist, hat der Übersetzer (William Bateson) richtig gestellt. Und da die Genetik auf Englisch groß geworden ist, gilt Mendel als großer Mann.
Als kleiner Mann gilt nach wie vor der Franzose Lamarck, obwohl er vor 200 Jahren – am 14. August 1809 – seine Zoologische Philosophie publizierte, in der er seine Entdeckung der Evolution beschrieb. Gelesen wurde der Text erneut vor allem in der englischen Übersetzung, nur daß sie diesmal schlecht war. Wenn Lamarck beschreibt, wie die Giraffen ihre langen Hals bekommen haben, verwendet er das Wort „besoin“. Er meinte, die Giraffen hätten es nötig gehabt, sich so hoch zu strecken. In der Übersetzung heißt es, die Giraffen hätten den langen Hals haben wollen. Darüber wurde gelacht. Wir sollten damit aufhören und Lamarck ehren. Die moderne Biologie und ihr Epigenetik wird seine Ideen brauchen.

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