Oben und unten

In diesen Tagen sind zwei Bücher erschienen, die über das Leben in der Tiefe der Meere berichten und uns staunen lassen. Die Amerikanerin Edith Widder führt ihre Leserinnen und Leser “Below the Edge of Darkness”, und das Buch trägt den Untertitel “A Memoir of Exploring Light and Life in the Deep Sea” (Random House). Und die britische Seebiologin Helen Scales versucht, die Faszination von “The Brilliant Abyss” zu vermitteln, und sie meint damit ihr “Exploring the Majestic Hidden Life of the Deep Ocean and the Looming Threat that imperils it” (Grove Atlantic). Vor allem Scales sorgt sich um das Eindringen von Menschen in die ozeanische Tiefe, um dort nach Elementen zu baggern, die man für alle möglichen elektronischen Bauteile benötigt. Das ist aufregend genug, doch was wirklich fasziniert, ist das vielfältig leuchtende Leben dort unten im Unsichtbaren, wobei einem auffällt, dass die meisten Menschen zwar den bestirnten Himmel über ihren Köpfen kennen und seit Kant verstehen, dass das moralischen Gesetz in ihnen davon abhängt, dass aber kaum jemand das strahlende Leben unter ihren Füssen kennt. Dort findet seit Millionen vor Jahren die größte Lichtschau der Welt statt. Dabei haben die frühen Alchemisten gewusst, dass das was oben ist, auch unten ist. Mit diesem Gedanken hat Isaac Newton verstanden, dass der Mond derselben Schwerkraft unterliegt wie der Apfel, der ihm auf den Kopf fällt. Menschen sollten das strahlende Leben unter ihnen so gut kennen wie den bestirnten Himmel über ihnen. Vielleicht wirkt dann erneut ein moralisches Gesetz in ihnen, und sie lassen die Finger von der ungeschützten und empfindlichen Tiefe der Meere mit ihrer Wunderwelt. Menschen haben dort nichts zu suchen und sie sollten nichts finden. Wenn sie trotzdem dort tätig werden, verlieren wir alle.

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