In der 6/11 Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft findet sich ein schöner Aufsatz über die kausale Rolle der Gene (S. 60ff). Der Philosoph Marcel Weber fragt, wie man ausdrücken kann, was die Gene bewirken. Im Lehrbuch steht, daß sie für die Synthese von Proteinen zuständig sind und die Informationen dazu liefern. Das stimmt schon irgendwie, aber die Gene können das nicht allein. Wenn ein Feuer brennt, kann man zwar auch sagen, daß die Ursache ein Streichholz war, aber es braucht schon mehr für die Flammen – zumindest den Sauerstoff aus der Luft.
Es ist schon spannend, die kausale Rolle der Gene zu untersuchen, und man wüsste nur zu gerne, wie man sie ausdrückt, um Formulierungen wie „Gene für die Augenfarbe“ oder „Gene für Neugierverhalten“ besser verstehen zu können. Weber hält sich weise von diesen trickreichen Themen fern und fragt nur, wie man den elementaren Vorgang der Proteinherstellung kausal fassen kann.
Seine Antwort ist überraschend: Die Gene verdanken ihr kausale Sonderstellung dabei nämlich „einer Eigenschaft, die nie realisiert wird, sondern nur als Möglichkeit besteht“. Die Begründung dafür muss man bei Weber selbst lesen, der uns nach dieser Einsicht noch den allgemeinen Hinweis gibt, daß Möglichkeiten manchmal genauso wichtig sind wie die Realität selbst.
Da möchte ich freundlich widersprechen. Möglichkeiten sind wichtiger als die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit vergeht nämlich, während die Möglichkeiten bleiben und uns Chancen geben – unseren Genen auch.

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