CRISPR-CAS9

Es ist wie vor etwa 40 Jahren. Zu Beginn der 1970er Jahre bemerkten Biologen, dass Bakterien über molekulare Scheren verfügen, um die DNA von Eindringlingen zu zerschnippeln. Herausgekommen ist dabei die Gentechnik, mit deren Auswirkungen die Menschheit heute noch beschäftigt ist und deren Gegner sich durch ihre Ideologie auszeichnen, an die kein Argument heranreicht. Nun haben Genetiker – übrigens vor allem Frauen – einen neuen Mechanismus entdeckt, mit dem sich Bakterien vor Eindringlingen schützen. Diesmal geht es nicht nur um einfache Scheren. Diesmal geht es um ein trickreiches Gesamtsystem, das von “clustered regularly interspaced short palindromic repeats (CRISP) ausgeht und ein damit assoziiertes Enzym – Cas9 – nutzt, um ein wenig mit dem genetischen Material zu spielen. Wie vor etwa 40 Jahren kommt das den Wissenschaftlern selbst etwas unheimlich vor, und so schreiben sie Artikel, in denen sie vorschlagen, vor- und umsichtig mit der neuen Methode CRISPR-CAS9 umzugehen, für die noch ein eingängiges Wort fehlt – etwa Genbaukasten oder Legogenland. Immerhin erlaubt das bakterielle Abwehrsystem menschlichen Geningenieuren Eingriffe in Embryos vorzunehmen und von Organismen zu träumen, die genetisch so ausgestattet sind, dass sie die Umweltprobleme in der Griff bekommen.

Anders als vor 40 Jahren verlangt (noch) niemand ein Moratorium, und so kam, was kommen musste. Chinesische Forscher berichten über veränderte menschliche Embryonen, in denen ein Gen modifiziert wurde, das sonst zu einer Blutkrankheit führt. Merkwürdig ist daran zum einen, dass die dazugehörigen Daten nicht in einem international anerkannten Journal, sondern in einer randständigen Zeitung erscheinen. Und es verwundert zum zweiten, dass die Reviewer nur eine Tag gebraucht haben, um den Aufsatz anzunehmen. Als Folge davon tauchen Zweifel an den Daten auf, was aber erst eine Nachprüfung in den kommenden Tagen zu klären erlaubt. Klar ist nur, dass die Methode so leicht anzuwenden ist, dass sie eigentlich jeder daheim anwenden kann. Verbieten lässt sich da gar nichts. Jetzt haben die Ethikkommissionen eine schöne Aufgabe. Nämlich nicht zu überleben, was man untersagen soll. Sondern vorzuschlagen, was man tun soll. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Aber was?


Dieser Beitrag wurde auch auf ScienceBlogs veröffentlicht.

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