In seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Freie Radikale“ erläutert der Brite Michael Brooks, „warum Wissenschaftler sich nicht an Regeln halten“ (Springer-Spektrum, Heidelberg 2014). Große Teile des Buches widerlegen die sich in beamteten Gehirnen haltende Idee, es gebe eine Logik der Forschung, mit der schon alles ins Lot kommt und weiter geht. Brooks erzählt spannend, wie – auf der positiven Seite – Träume und – auf der negativen Seite – persönliche Feindschaften und Egotrips die Wissenschaft voranbringen und die am weitesten kommen, die am großzügigsten mit den Fakten umgehen. Zuletzt verrät Brooks die Weisheit eines Menschen, der jahrzehntelang an einem berühmten Institut gearbeitet hat und mehr als zwei Dutzend Nobelpreisträger hat kommen und gehen sehen. Was ist das Geheimnis dieser Menschen, will Brooks wissen, und der Kenner dieser Leute fasst seine Erfahrungen in zwei Punkten zusammen: „Unbeirrbarkeit. Sie lassen sich durch nichts und niemanden aufhalten. Und sie haben ein ausgeprägtes Ego. Sie sind unglaubliche Egoisten. Sie wissen irgendwie, dass sie recht haben, ganz gleich was andere sagen.“ Jetzt versteht Brooks und der Leser mit dem Autor: Wissenschaftler sind insgeheime Anarchisten. „Sie machen ihre Entdeckungen nicht trotz ihres [manchmal unerträglichen] menschlichen Verhaltens, sondern genau wegen ihm. Wenn wir mehr wissenschaftlichen Fortschritt wollen, müssen wir noch mehr Rebellen befreien, mehr Ausgestoßene, mehr Anarchisten, mehr Radikale. Die Zeit ist gekommen, die Anarchie zu feiern, statt sie zu verstecken.“

Jetzt muss die Öffentlichkeit den Mut dazu zeigen.

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