„Gewissheit ist unwissenschaftlich!“ So stand am Wochenende (23.06.12) in der FAZ zu lesen, als die Zeitung den 100. Geburtstag der großen Mathematikers Alan Turing feierte. Aus dem schönen Satz folgt natürlich nicht, daß Ungewissheit wissenschaftlich ist, aber es gibt zahlreiche Beobachtungen, die in diese Richtung deuten. So kann man zwar Genome in aller Schnelligkeit und in jeder Menge sequenzieren, aber selbst bei simplen Fragen bleibt den zuständigen Wissenschaftlern nur die Ungewissheit – wie viele Gene hat denn nun ein Mensch? Und welche Funktion haben all die Proteine, die über eine Genomanalyse definiert werden können? Bei mehr als 60% tappt das Forschervölckchen im Dunklen, und es wird schlimmer, wenn man sich Klimamodellen zuwendet. Die Zeitschrift NATURE warnt (Ausgabe vom 14.6.12, S. 183), daß die kommenden Abschätzungen von Klimamodellen nicht mehr, sondern weniger Gewissheit vermitteln werden – es gibt eben zu viele Faktoren, die Eínfluss nehmen und die man nicht wirklich versteht. Wissenschaft als Gefilde des Ungewissen – ein schöner Gedanke. Mit ihm könnte endlich das unsinnige Gespenst von der Entzauberung und Berechenbarkeit der Welt verschwinden, das Soziologen seit Max Weber an der Arbeit sehen. Je mehr Menschen die Welt wissenschaftlich erfassen, desto ungewisser wird, was sie tatsächlich ist oder wie sie tatsächlich abläuft. Mit anderen Worten – die Zukunft bleibt offen, auch wenn wir immer mehr über das Vergangene wissen.

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