Es geht doch. Die FAZ, die sonst jeden Huster von Jürgen Haberman als bedeutenden Beitrag zum Verständnis des Abendlandes bewertet, hat sich erlaubt, das Gestammel des Philosophen aus Starnberg – wo die Schönen und Reichen wohnen – einmal zu kritisieren (FAZ vom 18.6.2011, S. 35). Vor vollem Auditorium Maximum hat JH in Berlin eine „europäische staatsbürgerliche Solidarität“, eine „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“ gefordert, und er hat kritisiert, daß Dinge hinter verschlossenen Türen entschieden werden. Also: Alle sollen am Starnberger See wohnen – im Garten des Philosophen am besten – und über Agrarfragen, Gentechnikeingaben, den Hindukusch, die Finanzkrise und mehr entscheiden. JH selbst hat zugegeben, von dem zuletzt genannten Thema nichts zu verstehen, was sofort die Unsinnigkeit des ganzen sich demokratisch gebenden Plans verdeutlicht. Blödsinn dieser Art stand und steht schon bei Friedrich Dürrenmatt, der jemanden in seinen „Physikern“ sagen läßt, „Was alle angeht, müssen alle entscheiden.“ Nichts Neues also bei JH, außer daß er nicht bemerkt, was an dem Satz von FD fehlt. Er müsste heißen, „Was alle angeht, müssen alle verstehen, um darüber entscheiden zu können.“ JH hätte also einen Beitrag zur Lage liefern können, wenn er erklärend über Kernkraft, Energie und dergleichen Wissenschaftliches geredet hätte. Dann wären aber die Zuhörer weg geblieben und das Audimax leer. Das ist unser Problem – neben dem hilf- und nutzlosen Stuss aus Starnberg. Wir wollen entscheiden, ohne die Mühe des Verstehens auf uns zu nehmen. Wir wollen verändern, ohne zu verstehen. Dieses Übel hat bereits Marx propagiert. Wir müssen es nicht erneut als der Weisheit letzten Schluss vorgesetzt bekommen.

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