Zu den liebsten Zitaten der Weltliteratur gehört Hamlets Frage, „Sein oder Nichtsein?“, und das „oder“ dieser Alternative ist ausschließend gemeint. Entweder ist etwas so, oder etwas ist nicht so, und zwar vor allem in der so exakten Wissenschaft, wie neulich in einer Talkrunde zu hören war. Der eine digitale Demenz voraussehende Professor Spitzer charakterisierte so das Wissenschaftliche. Nix vielleicht oder eventuell und möglicherweise, sondern ein klares Sosein oder ein ebenso klares Nichtsosein, und die Runde staunte. Doch während man sich auf die Klarheit der Wissenschaft und ihre Wahrheit freut, liest man etwas ganz anderes in der Zeitung. Das DKFZ – das Deutsche Krebsforschungszentrum weiß immer noch nicht, ob es die Gene oder die Faktoren der Umwelt sind, die zu Brustkrebs führen, und die Süddeutsche Zeitung stellt einen Beitrag über psychische Erkrankungen gar unter die vierfache Auswahl, ob es die Gene, die Umwelt, einige Traumata oder doch nur Zufall ist, weshalb die einen gesund bleiben und die anderen krank werden. Bei alledem tun man so, als ob sich das wie Hamlets Sein oder Nichtsein trennen ließe – gesund oder nicht, genetisch oder nicht, traumatisch oder nicht, zufällig oder nicht und so weiter. Entweder-Oder, so lautet die Devise, und da staunt der Betrachter. Wie reagiert denn ein Mensch auf seine Umwelt außer durch genetische Faktoren, die vorher durch eben diese Umwelt geformt worden sind?  Und wer legt fest, wann Krankheit beginnt und wo Gesundheit aufhört? Sind wir nicht alle ein wenig gaga? Es kann doch nur um ein Sowohl-Als-auch gehen, also nicht um Sein oder Nichtsein, sondern um ein Möglichsein. Menschen leben von ihren Möglichkeiten Damit lässt sich etwas anfangen. Jedes andere Denken hat schon aufgehört. Es lohnt nicht – oder vielleicht doch? Wenigstens ein wenig? Möglich ist alles.

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