Neulich im Zug: Neben mir saß ein Mann, der mit seinem Handy telefonierte und immer lauter sprach. Meine Frage, ob er ein Ferngespräch führe und deshalb so in den Apparat brülle, verstand er nicht, weshalb ich ihn bat, das Abteil zu verlassen, um im Gang zu telefonieren. Er schaute erst irritiert und reagierte dann wütend mit dem Hinweis, „Das ist ein privates Gespräch, das sollten Sie überhaupt nicht mithören“.

Tatsächlich machen viele Menschen das Private zu einer öffentlichen Angelegenheit, wie ich in den letzten Tagen bei einem Besuch in Paris erfahren habe. In der Metro führt fast jede Person (mindestens) ein Handy mit sich, in das ununterbrochen geredet wird. Wer die Pariser abhören will, braucht nur Metro zu fahren – oder andere private Details auf Facebook nachzuschauen.

Mir scheint, dass Geschrei um das Abhören durch die NSA ist heuchlerisch, und die Bundesregierung gewinnt, wenn sie sich dumm stellt. Viele Menschen unserer Tage wollen doch nichts lieber als abgehört werden – sie bieten sich in Talkshows und auf Facebook doch dauernd an. Das Private gibt es doch kaum noch. Alles ist öffentlich und wird ohne Zurückhaltung zur Schau gestellt. Ich warte auf den ersten, der sich beschwert, dass die NSA ihn übergeht und ignoriert.

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