„Ja ist das denn die Möglichkeit?!“ – so rief meine Mutter aus, wenn etwas passiert war, mit dem sie nicht gerechnet hatte (bei mir etwa eine gute Note in Latein). Damit drückte sie aus, was Gelehrte uns heute schlüssig beweisen, daß die Welt – ihre und unsere Zukunft – unberechenbar ist. In den 1960er Jahren mussten dies die Soziologen anerkennen,die dem Publikum damals vorgaugelten, sie könnten „Futurologie als exakte Wissenschaft“ betreiben. In diesen Tagen merken es auch Börsenleute und andere Anbeter von Algorithmen, die nicht einmal fragen, woher der Begriff stammt, dem sie vertrauen (aus der arabischen Kultur). Und was ist die Folge? Man ruft nach einer „digitalen Aufklärung“. Aber kann sie helfen?
Aufklärung nennen wir die Denkrichtung, die sich an dem orientiert, was wirklich der Fall ist. Ihr folgte die Romantik, die mit der Wirklichkeit offenbar nicht gut zurechtkam. So bringt man uns das in der Schule bei und verschweigt, daß wir zum einen immer weniger wissen, was wirklich der Fall ist, daß wir aber zum zweiten verstanden haben, daß die aktuelle Wirklichkeit nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten repräsentiert. Sie sind das Wirkliche, und das wissen Romantiker. Wir brauchen keine digitale Aufklärung, weil die in ihrer Rationalität die an- und abschließende Berechenbarkeit der Welt voraussetzt. Wir brauchen Mut zu einer analogen Romantik, die mehr als himmelblauer Klingklang ist. Also – nicht Wirklichkeiten berechnen wollen, sondern über Möglickeiten staunen, wie es meine Mutter gemacht hat.

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