Irgendwann im 19. Jahrhundert ist die Rede von der permanenten Revolution aufgekommen, ohne dass sie sich wirklich ereignet hat. Dies geschieht dafür in der modernen Welt. Allein in ihrer heutigen Ausgabe (29.05.2013) berichtet die FAZ mindestens dreimal von Revolutionen – bei den Stammzellen geht es schon um die nächste Revolution, wobei ich vergessen habe, wann die letzte war. Beim Heranwachsen der 68er Generation schwankte man zwischen Revolution und Esoterik, und in der Anzeige für ein Buch wird „Die globale sexuelle Revolution“ angekündigt oder beschrieben, das weiß man nicht so genau. Es wäre eine Revolution, wenn das Wort Revolution nicht so gedankenlos verschwendet, sondern sinnvoll eingesetzt würde. Wie viele Revolutionen verträgt der Mensch? Eine am Tag, was die Drehung der Erde angeht, die sich einmal um ihre Achse dreht, während sich Tag und Nacht abwechseln und tatsächlich an ihren Ausgangspunkt zurückkehrt, wie es sich für eine Revolution gehört. Wissenschaft kehrt nicht zurück, sie schreitet fort, und manchmal nicht besonders glücklich. Man kann natürlich von einer Revolution sprechen, wenn – wie in der Physik geschehen – das alte Verständnis der Klassischen Physik nach einem chaotischen Durchgang zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch das neue Verständnis der Quantenphysik abgelöst wird. Man ist dann wieder da, wo man vorher war, man versteht etwas von der Ordnung der Natur. Dies trifft aber für die Biologie nicht zu – oder nur umgekehrt. Während man vor der Epoche der Molekularbiologie kaum etwas vom Leben verstand und es nur beschreiben konnte, dann in den 1960er Jahren aber mit der DNA und der Proteinsynthese alles zu verstehen schien, merkt man inzwischen, dass man doch nichts verstehen kann und alles sehr komplex ist. Mit anderen Worten, man hat tatsächlich eine Umdrehung (Revolution) geschafft, die vom alten Nichtverstehen zur neunen Ahnungslosigkeit. Wer das eine Revolution nennt, muss sehr bescheiden sein.

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